Monday, 29 July 2013

Hochleistungstextilien – Sechsmal fester als Stahl

Fast 30 Prozent der weltweiten Textilproduktion entfallen auf technische Gewebe: Innovations- und marktführend sind deutsche Firmen. Deiche aus Stoff etwa sollen schnelleren Hochwasserschutz bieten. Von

Hochwasser interessiert sich nicht für Geschichte. Über 200 Jahre zählt das Dessau-Wörlitzer Gartenreich im östlichen Sachsen-Anhalt. Auf 142 Quadratkilometern beherbergt der zum Weltkulturerbe zählende Landschaftspark etliche Schlösser, Gärten und Kirchen. Und alle waren sie kürzlich von den massiven Hochwasserfluten der Elbe bedroht.
Um die historische Kulturlandschaft zu schützen, war eine Vielzahl von Helfern im Einsatz – und ein Quartett des münsterländischen Textilherstellers Ceno Membrane Technology. Binnen einer Stunde schafften die vier Spezialisten mit ein paar Handgriffen das, wofür ein paar Meter weiter Hunderte von Freiwilligen mehrere Tage geschuftet haben: einen Schutzwall.
Mobildeich nennt sich das System von Ceno. Das Prinzip dahinter ist einfach: Riesige Schläuche aus beschichtetem Polyestergarn werden um das zu schützende Gebäude gelegt und mit Hilfe einer Pumpe mit dem ankommenden Hochwasser gefüllt. Ein Netz und eine Dichtungsplane umhüllen und verbinden die einzelnen Schläuche bis zu einer Höhe von maximal 2,60 Metern.
Durch den Wasserdruck spannt sich das Netz, das hält den Stoff-Deich auch ohne Fundament stabil. 100 Meter dieses Schutzwalls lassen sich binnen einer Stunde aufstellen, verspricht der Anbieter. "Bei einer Höhe von 75 Zentimetern ist das 92 mal schneller als der Verbau von Sandsäcken", wirbt Wolfgang Rudolf-Witrin, der Geschäftsführer von Ceno Membrane Technology.

Daimler und Airbus zeigen Interesse


Umsatz der deutschen Textilindustrie
Foto: Infografik Die Welt Umsatz der deutschen Textilindustrie

Beschäftigte in der deutschen Textilindustrie
Foto: Infografik Die Welt Beschäftigte in der deutschen Textilindustrie
Derlei Werbung scheint nötig. Denn bislang hat die Textilfirma gerade mal zehn Kilometer Mobildeich verkauft. Allerdings ist das System auch erst seit knapp zwei Jahren auf dem Markt. Und in dieser Zeit gab es hierzulande keine gravierenden Überschwemmungen.
Die jüngste Flut dürfte die Kundendatei kräftig erweitern. Rudolf-Witrin jedenfalls berichtet von "locker 100 Anfragen" aus den Hochwassergebieten. Die zuständigen Mitarbeiter seien schon heiser. Mögliche Kunden sind vor allem Kommunen, aber auch das Technische Hilfswerk (THW) und Industrieunternehmen, die ihre Produktion schützen wollen.
Daimler und Airbus zum Beispiel zeigen reges Interesse, berichtet Rudolf-Witrin. Der Ceno-Chef ist zuversichtlich, dass sich der Mobildeich in zwei bis drei Jahren voll etabliert hat und dann zu den Rennern im Sortiment des Mittelständlers gehört.

No comments:

Post a Comment