Sunday 2 March 2014

Kampf um die Kongo-Schätze

Die Demokratische Republik (DR) Kongo ist so reich, dass es sie arm macht. Im Gebiet entlang des Flusses Kongo kommen zahlreiche Bodenschätze in großen Mengen vor. Auf den ersten Blick hat das Land unglaubliches wirtschaftliches Potenzial und trotzdem rangiert es im Vergleich mit anderen afrikanischen Staaten in finanziellen und sozialen Belangen ganz unten. Seitdem Portugiesen und Belgier in der Kolonialzeit begannen, die Bodenschätze gezielt zu fördern, wird das Land ausgebeutet und leidet unter dem Reichtum des Bodens.

Der Fluch des reichen Bodens

Die DR Kongo wird oft als das rohstoffreichste Land der Welt bezeichnet. Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts waren die Förderung und der Export von Bodenschätzen wie Gold, Diamanten, Kupfer und Öl das wichtigste finanzielle Standbein der kongolesischen Wirtschaft. Teile der Bevölkerung lebten damals trotz schlechter Arbeitsbedingungen unter relativ akzeptablen Umständen.
Das größte Bergbau-Unternehmen "Gécamines" sorgte maßgeblich für die Versorgung der Arbeiter. Die Firma baute ganze Städte mit Schulen, Krankenhäusern, Straßen und Stromversorgung. Dieser Zustand hielt aber nur an, bis Diktator Joseph-Désiré Mobutu, der von 1965 bis 1997 regierte, die Bergbauunternehmen verstaatlichte. Er hörte auf, weiter in die Minen zu investieren und steckte die Gewinne selbst ein.
Bis heute führen die Rohstoffe zu großen Konflikten zwischen Bevölkerungsgruppen, Rebellenführern, Staat, Militär, westlichen Unternehmen und den angrenzenden Staaten. Wirtschaftliche Interessen werden zu Triebfedern oder Auslösern für bewaffnete Konflikte. Ertragreiche Gebiete werden erbittert umkämpft. Wer das Gebiet hat, hat die Macht über die Rohstoffe - und damit den Gewinn.
Ein Mann hält ein Plakat mit der Aufschrift "6 million Congoleses have died for our mobile phone"; "6 Millionen Kongolesen sind für unsere Mobiltelefone gestorben."
Demonstration für die "Coltan-Opfer"

Coltan - Krieg für moderne Technik

Für jedes Handy, jeden Computer, jede Digitalkamera brauchen die Produzenten Coltan. Das Erz und seine metallischen Elemente Niob und Tantal sind für besonders feine Elektronik unverzichtbar geworden. Tantal wird zudem in der Medizintechnik immer wichtiger. Da es nur langsam zerfällt und chemisch sehr träge reagiert, wird es für Zahnimplantate, Knochennägel und Prothesen verwendet.
Im Osten der DR Kongo, in der Provinz Kivu, befinden sich schätzungsweise 80 Prozent der weltweiten Coltan-Vorkommen. Das Erz lagert direkt unter der Oberfläche, jeder kann es mit einer Schaufel bewaffnet abbauen. Als der Preis für Coltan Mitte der 1990er Jahre stark anstieg, zogen ganze Ströme von Einheimischen in die Kivu-Region.
Natürlich erkannten auch die an das Abbaugebiet angrenzenden Staaten den Wert des Erzes. Seit dem Beginn des Abbaus starben alleine eine halbe Million kongolesischer Soldaten im Kampf um die Kivu-Region gegen Truppen aus Ruanda und Uganda sowie gegen Milizen. Auch die Umwelt leidet unter dem Coltan-Abbau. Arbeiter holzen große Flächen Regenwald ab, um zu schürfen und Camps zu errichten. Damit zerstören sie den Lebensraum der stark gefährdeten Berggorillas, die im besonders artenreichen Regenwald der Virunga-Vulkane leben. Auch Elefanten, Raubkatzen und kleine Säugetiere verlieren ihr Zuhause.
See in den Tropen mit Booten darauf.
Giftiges Gemisch im Kivu-See

Methan - gefährliches Gas

Im Kivu-See, auf der Grenze zwischen der DR Kongo und Ruanda, lagern riesige Mengen eines hochgiftigen Gemischs aus Methangas und Kohlendioxid. Es befindet sich in den untersten Schichten des Wassers und im darunter liegenden Gestein. Für die Lebewesen in der Umgebung des Sees birgt das eine unmittelbare Gefahr. Sollte der Druck auf den Boden des Sees aus irgendeinem Grund sinken, oder das Wasser gesättigt sein und kein neues Gas mehr aufnehmen, könnte das Gas schlagartig entweichen und Menschen und Tiere im Umkreis ersticken. Eine weitere Gefahr ist der nahe Nyiragongo-Vulkan, der zuletzt 2002 ausbrach und aktiv blieb, denn Gas und Feuer sind bekanntermaßen eine explosive Mischung.

Ruandas Regierung hat aus der Gefahr eine Energiequelle gemacht. Am Rand des Sees wurden Förderanlagen errichtet, die das Gas kontrolliert an die Oberfläche bringen und in Strom umwandeln. Eine lokale Brauerei am Ufer des Kivu-Sees bezieht ihren Strom schon seit über 40 Jahren aus dem Gasgemisch.
Verschiedene langfristige Studien vor Ort versuchen, das ökologische und politische Gefahrenpotenzial der Gasförderung abzuschätzen. Fraglich ist etwa, ob es zu weiteren Gebietsstreitigkeiten um die Kivu-Region kommen könnte, zumal sich in dieser Region auch die Coltan-Vorräte befinden. Damit ist das Gebiet für die angrenzenden Staaten sowie für Milizen-Gruppen und internationale Investoren doppelt interessant. Die ökologischen und geologischen Folgen, die sich durch eine Druckminderung am Boden des Sees ergeben könnten, sind den Studien zufolge kaum abzuschätzen. Wahrscheinlich ist, dass sich das über Millionen Jahre entstandene Gleichgewicht des Kivu-Sees in kurzer Zeit stark verändern wird.
Luftaufnahme einer Goldmine im Kongo.
Minen durchlöchern das Land

Gold vergiftet die Bevölkerung

Gold wird im Kongo schon seit Ende des 17. Jahrhunderts in großen Mengen abgebaut, seitdem Portugal und später Belgien das Gebiet kolonialisierten. Das damalige Königreich Kongo wurde wegen seiner riesigen Goldreserven ausgebeutet, die Bevölkerung versklavt. Verschiedene Mächte kämpften immer wieder um die Gebiete mit Goldvorräten.

Ein Bericht der Vereinten Nationen (UN) von 2003 zählt etwa 50 große internationale Unternehmen, die die Goldreserven der DR Kongo regelrecht ausschlachten. Die ökologischen Folgen für die Abbaugebiete sind verheerend: Große Flächen Regenwald werden abgeholzt und so ganze Biotope vernichtet. Riesige Minen durchlöchern das ganze Land, und durch die Weiterverarbeitung des Goldes, die teilweise vor Ort geschieht, wird die Umwelt erheblich belastet. Beim Auswaschen von Gold werden Zyanid und Quecksilber eingesetzt, beides starke Nervengifte. In den Abbaugebieten kommen als Folge immer mehr Kinder mit Behinderungen zur Welt.
Zwei Arbeiter stehen im Fluss und sieben Sand nach Rohdiamanten.
Arbeiter schürfen per Hand Diamanten

Blut-Diamanten

Die DR Kongo ist nach Australien und Botswana der drittgrößte Diamantenproduzent der Welt. Der Hauptteil der wertvollen Rohdiamanten wird von Arbeitern mit der Hand geschürft. Zwar versucht die DR Kongo, den Diamantenhandel zu einem sicheren Pfeiler ihres Staatshaushalts zu machen, doch der Weltmarktpreis für die edlen Steine unterliegt sehr großen Schwankungen. Außerdem war die permanent unorganisierte und zerstrittene Regierung bisher oft ein leichtes Opfer für ausbeuterische Investoren aus dem Ausland.

Ein Großteil der Diamanten wird erst gar nicht legal gehandelt. Diamanten sind sehr klein und daher relativ leicht zu schürfen, zu schmuggeln und zu verkaufen. Die Gebiete, in denen sie vorkommen, werden von Rebellen kontrolliert. Durch deren brutalen Umgang mit den Arbeitern und die blutigen Kämpfe im Zusammenhang mit dem Diamantenhandel wurde der Begriff "Blut-Diamanten" geprägt. Der Endverbraucher kann kaum kontrollieren, unter welchen Umständen der Stein für sein Schmuckstück gefördert und verkauft wurde.
Luftbild einer riesigen Mine.
Kobalt-Mine in Katanga

Anarchie im Kongo - die Region Katanga

Die DR Kongo könnte aufgrund ihrer Bodenschätze das reichste Land Afrikas sein. Dazu fehlt nach UN-Berichten aber eine funktionsfähige und organisierte Regierung, die frei von Korruption und ausbeuterischen Interessen ist. Ein Beispiel für das schlechte Management der Rohstoffe ist die Kupfer-Region Katanga, in der die industrielle Erz-Förderung unter Diktator Mobutu komplett zusammengebrochen ist. Allein hier, im reichsten Bergbaurevier der Welt, können Kupfer, Kobalt, Germanium und Uran abgebaut werden.

In Katanga sieht man keine funktionsfähigen Maschinen, trotzdem wird überall gegraben. Die ehemaligen Bergarbeiter und viele hierher gezogene Kinder und Jugendliche bedienen sich selbst. Sie begeben sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben in die Abhängigkeit von Milizen und Schmugglern, die das Gebiet kontrollieren. Heute noch sind fast 20 Prozent der Einwohner der DR Kongo vom Kleinstbergbau abhängig. Dieser "artisanale" Bergbau - ohne bedeutende technische Unterstützung - macht für die heimische Wirtschaft fast die gesamte Rohstoffproduktion aus.
Danielle Schippers, Stand vom 01.07.2010
Sendung: Der leise Krieg im Kongo, 01.07.2010

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