Tuesday 29 March 2016

28. März 2016, 17:22 Uhr Interkulturelle Kommunikation Smalltalk ist wie Tanzen

4157 / Japan 
Technisch gutes Englisch ist nicht genug: Autorin Susanne Kilian erklärt, warum Deutsche im Austausch mit internationalen Geschäftspartnern so oft missverstanden werden.

Von Dorothea Grass
SZ: Sie haben lange als Dolmetscherin für die Vereinten Nationen gearbeitet. Heute geben Sie Kurse, damit sich Menschen besser verstehen. Woran hakt es?
Susanne Kilian: Deutsche merken, dass sie zwar technisch gutes Englisch sprechen, aber trotzdem immer wieder missverstanden werden. Andere, die teilweise kein so gutes Englisch sprechen, kommen beim Geschäftspartner besser rüber.
Was läuft da schief?
Die deutsche Kommunikationsweise ist direkt. Wir sagen, wie es ist, Kommunikation ist für uns Informationsaustausch. Wir lieben es, wenn sie kurz und zielorientiert verläuft. Alles, was nicht dieser Logik folgt, wird von Deutschen als überflüssig angesehen. Wenn jemand unserer Meinung nach herumeiert, statt zum Wesentlichen zu kommen, werden wir ungeduldig. Doch in den meisten anderen Kulturen funktioniert das nicht. Da folgt die Kommunikation festen sozialen Regeln. Nicht der Inhalt, der ausgetauscht wird, entscheidet, sondern die Art und Weise, wie es gesagt wird.
Was für Folgen kann das haben?
Ich denke da etwa an die Mitarbeiter einer tschechischen Firma, die beruflich mit Bauingenieuren aus Norddeutschland zu tun hatten. Die Tschechen kamen mit den Deutschen nur schwer zurecht und wussten nicht, woran das lag. Sie hatten aber einen Verdacht. Sie glaubten nämlich, es könne an der Religion liegen. "Die Deutschen sprechen immer von Hoffnung, Glaube, Kirche!" sagten sie mir und schlossen daraus, ihre Kollegen aus dem Norden seien tief religiös. Ich habe eine Weile gebraucht, um herauszufinden, woran das lag.

Nur tief religiöse Deutsche in der norddeutschen Baubranche? Das kann doch nur ein Missverständnis sein.
War es auch. Die Tschechen leiteten im Gespräch mit ihren deutschen Partnern ihre Sätze immer wieder mit den Worten "ich hoffe" oder "ich glaube" ein. Die Deutschen antworteten darauf mit "Hoffnung und Glauben gehören in die Kirche." Was nichts anderes heißt als: Komm mal zum Punkt. Sie waren direkte Ansagen gewohnt.
Wie ist die Geschichte weiter gegangen?
Die Tschechen konnten nicht fassen, was ich ihnen erklärte. Sie hatten für den nächsten christlichen Feiertag sogar schon Grußkarten anfertigen lassen, die sie ihren deutschen Arbeitskollegen schicken wollten! Ich riet ihnen, die in der Ecke liegen zu lassen und stattdessen zu üben, auf deutsche Art zu kommunizieren. Direkt und ohne "ich hoffe" -Zusätze. Klare Sätze wie zum Beispiel: "Wir werden den Abgabetermin nicht einhalten können, weil wir Lieferschwierigkeiten haben." Die Tschechen waren zunächst geschockt. Einer sagte mir sogar, wenn seine Mutter ihn so hören würde, bekäme er eine Ohrfeige. Doch das Training zahlte sich aus. Die Kommunikation funktionierte besser. Auch, wenn einige der Tschechen sagten, sie würden bei Telefonaten mit Deutschland nun immer ihre Bürotüre schließen. Sie befürchteten, sonst einen schlechten Eindruck bei den anderen Kollegen zu hinterlassen.
Sind nur wir Deutschen so ruppig?
Eine ähnlich direkte Art zu sprechen, haben außer uns nur noch die Finnen, Esten und Israelis. Und wir unterscheiden uns darin auch deutlich von Österreichern und Schweizern, die ja eigentlich ihre Sprache mit uns teilen. Bei meinen Recherchen über die internationalen Dos und Dont's habe ich herausgefunden, dass es vor allem das Handwerk ist, das unsere sachorientierte Kommunikation so geprägt hat. Heute werden wir weltweit auf unser German Engineering angesprochen.CLICK

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