Wie geht das?
Stellen Sie sich vor, Sie sind beim Opernball. Es ist Damenwahl und Sie schreiten auf den Herren zu. Wie unpassend wäre es, jetzt zu sagen: "Guten Tag, mein Name ist Sabine, ich bin 42 Jahre alt und hab ein Faible für Rechnungswesen." Vielmehr ordnen Sie sich der Situation unter und sagen den Satz, den Ihr Gegenüber erwartet: "Darf ich bitten?" Und dann wird erst einmal eine Runde getanzt.
Genau. Alles andere wirkt auf internationalem Parkett schnell brüskierend. Gehe ich jedoch mit Leichtigkeit und Charme in die Konversation und verhalte mich gegenüber meinem Gesprächspartner empathisch und aufmerksam, dann entsteht ein Dominoeffekt. Positive Sprache bewirkt eine positive Stimmung. Zwischen Sachebene und Beziehungsebene liegt wirklich nur ein Tanzschritt.
Also müssten wir Small Talk lernen?
Unbedingt sogar. In der deutschen Konversationskultur ist er nur leider nicht vorgesehen. Small Talk ist nämlich weder sachlich begründet noch effizient und oft auch nicht ehrlich. Uns tut dieses Nicht-zum- Punkt-Kommen fast körperlich weh. In anderen Kulturen dient Small Talk aber dazu, dass zwei Menschen auf eine gemeinsame Kommunikationsebene finden. Ein Gespräch auf der Sachebene ist nicht möglich, wenn nicht die Beziehungsebene vorher gepflegt wurde.
Die Frage nach dem Wetter als Kommunikationsförderer?
Bitte nicht! Das wäre eine komische Vorstellung von Small Talk. Es geht vielmehr darum, herauszufinden, worüber der andere gerne redet. Essen, Sport und unverfängliche Fragen zum jeweiligen Land eignen sich gut: Themen, die den anderen zum Experten machen. Vermeiden sollte man Politik, Religion oder Krankheit. Auch das Thema Urlaub ist nur bedingt geeignet. Schließlich haben wir Deutschen ziemlich viel davon und im Gegensatz zu anderen Kulturen auch oft das Geld zum Reisen.
Wir sollten uns im beruflichen Umgang mit internationalen Partnern öfter mal entschuldigen, sagen Sie. Für was denn?
Es geht dabei nicht um Schuldzuweisung, sondern um eine Haltung während des Gesprächs, die eine deeskalierende Wirkung haben kann. "Sorry" ist ein Zauberwort. Wenn jemand am Telefon sagt "I'm sorry, I'm afraid that you dialed the wrong number" hat eine andere Wirkung als ein brüskes "No, you're wrong".
Das hört sich wirklich netter an.
Es gibt noch weitere Kniffe. Fragesätze statt Aussagesätze zu bilden, ist zum Beispiel ein guter Trick, weil es dem Gegenüber einen Freiraum einräumt und weniger wie ein Befehl wirkt. Was ebenfalls wunderbar funktioniert, ist das Loben. Uns Deutschen fällt das fast so schwer wie das Entschuldigen. Engländer fragten mich einmal, warum die Deutschen eigentlich nur die Wörter "nice", "interesting" und "good" zu kennen scheinen, wenn sie etwas loben. Ich habe ihnen erklärt, dass Wörter, die auf Liebe, Hingabe oder Leidenschaft abzielen, im Deutschen fast ausschließlich im Privaten benutzt werden. Wörter wie "great", "outstanding" oder "marvellous" zu wählen, fällt uns schwer. Aber: Das sind alles wahre Trümpfe in der Kommunikation. Für Deutsche ist das paradox: Wir müssen mehr Gefühl zeigen, um andere nicht vor den Kopf zu stoßen.
Tipps vom
SZ-Jobcoach
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